Johannes 6

Das Brot des Lebens

Die wahrhaftige Speise. Gedanken zu Johannes 6


Das Brot des Lebens

Im sechsten Kapitel des Johannesevangeliums lesen wir, wie der Herr Jesus Brote und Fische vermehrte und damit die Volkmengen speiste. Alle konnten essen so viel sie wollten, alle wurden satt, ja es blieb übrig. Welch eine beeindruckende Demonstration von göttlicher Gnade und Macht an das irdische Volk Gottes. Der Sohn Gottes war gegenwärtig um die Bedürfnisse der Menschen zu stillen. Aber der Herr Jesus wollte nicht einfach hungrige Bäuche mit Nahrung füllen. Er wollte, dass die Juden, und mit ihnen alle Menschen, begreifen würden, dass der Mensch tiefere und wichtigere Bedürfnisse hatte. Lebensbedürfnisse, die nur er völlig stillen kann. Das ist ein Grund, weshalb er dieses Wunder vollbrachte und sich anschliessend als vollkommener Lehrer (Hiob 36,22) mit grosser Geduld bemühte die Menschen dahin zu führen, zu erkennen wo und wie sie diese elementaren Lebensbedürfnisse stillen konnten (6,25-59).

So knüpft der Herr in seinen Belehrungen bei der Brotvermehrung an, um ihnen dann die Speise vorzustellen die bleibt ins ewige Leben und die er als Sohn des Menschen geben würde (6,27). Mit grosser Geduld lenkt er ihre Blicke weg von den natürlichen Broten, die er vermehrte, und dem Manna, das Mose gab, auf das Brot des Lebens (6,31-35).

- Gott, der Vater gibt dieses Brot.

- Es ist das wahrhaftige Brot.

- Es ist der, der aus dem Himmel herabkommt.

- Es ist Gottes Brot, um leben geben zu können.

- Dieses Brot ist nicht nur für die Juden, es ist Gottes Angebot im Blick auf die ganze Welt, um allen Menschen leben geben zu können[i]. 

 

Durch seine Worte weckte der Herr in den Herzen der Volkmenge ein Verlangen nach dieser Speise, ganz ähnlich wie er bei der Samariterin ein Sehnen nach dem lebendigen Wasser geweckt hat. So sagen sie: Herr, gib uns allezeit dieses Brot. Erst jetzt erklärt der Herr: Ich bin das Brot des Lebens und wer zu mir kommt wird nicht hungern und wer an mich glaubt wird niemals dürsten! (6,35). Das ist die erste grosse Wahrheit in diesem Abschnitt: Der Sohn Gottes, der vom Himmel gekommen und Mensch geworden ist, ER ist dieses Brot des Lebens!

 

 

Die Brote, die der Herr vermehrte und die die Menschenmenge ass, stillte bloss den körperlichen Hunger für ein paar Stunden.

 

Das Brot des Lebens stillt jeden Hunger und jeden Durst, d.h. jedes Bedürfnis des Geistes und der Seele und gibt völlige Befriedigung und Freude. Welch eine wunderbare Speise haben glaubende Menschen in Ihm, dem Sohn Gottes, der als Sohn des Menschen hier dieses gewaltige Angebot macht.

 

 

 

Das Wirken des Vater und die Verantwortung des Menschen

 

 

In den Versen 36-48 zeigt der Herr den Weg, wie ein Mensch zu Ihm kommt und glaubt:

 

Der natürliche Zustand des Menschen hindert ihn daran zu Christus zu kommen. Er ist ein Feind Gottes, sein Herz ist verhärtet. Der Mensch will nicht (Joh 6,36) und kann nicht (Joh 6,44) von sich aus zum Sohn Gottes kommen! Es braucht eine Intervention Gottes in Liebe, Gnade und Macht um den Menschen zu ziehen und dem Sohn zu geben (6,37-39.44). Gott tut das, indem Er durch göttliche Unterweisung auf das Herz des Menschen einwirkt (6,45-46), damit man den Sohn erkennt, zu Ihm kommt, an ihn glaubt und ewiges Leben habe (6,40)

 

Aber ist es nicht die Verantwortung von uns Menschen, zu Gott umzukehren und an den Herrn Jesus zu glauben. Hat Gott uns nicht geboten Busse zu tun und zu glauben? (Apg 17,30; Röm 1,5; 16,26). Ja, Gott richtet die Botschaft des Evangeliums an uns Menschen und erwartet eine Antwort, erwartet Glaubensgehorsam!

 

Aber als Glaubende blicken wir zurück und erkennen: es ging nicht von uns aus. Gott hat uns in seiner Liebe und Gnade zum Sohn hingezogen. Er hat bewirkt, dass wir zum Sohn kamen und diesen rettenden Glauben in unseren Herzen gewirkt, damit wir ewiges Leben haben. Er hat uns dem Sohn gegeben.

 

Der Herr Jesus wird uns in Johannes 6 als die Person des Glaubens vorgestellt. Als Sohn des Menschen gibt er denen ewiges Leben, die an Ihn glauben. Aber wir erkennen auch: Alles hat der Vater gewirkt, um uns im Sohn zu segnen.

 

So finden wir in den Versen 39 und 40 den Willen Gottes in Verbindung mit diesen beiden Seiten:

 

- Er hat in Gnade Menschen dem Sohn gegeben und Keiner von ihnen geht verloren.

 

- Jeder Mensch, der den Sohn im Glauben aufnimmt hat ewiges Leben. Unser Herr Jesus wird uns alle auferwecken und in die Herrlichkeit bringen.

 

Der Wille Des Vaters und die Tätigkeit des Sohnes setzen die Glaubenden in absolute Sicherheit!

 

 

 

Einmaliges essen und trinken

 

 

Ab Vers 49 greift der Herr noch einmal das Essen des Manna in der Wüste auf und stellt es dem lebendigen Brot gegenüber.

 

Das Manna in der Wüste war Brot der Starken (Ps 72,25), Brot vom Himmel (Joh 6,31) aber nützte dennoch nur zur Erhaltung des natürlichen Lebens. Die Israeliten assen es jeden Tag, dennoch sind sie gestorben (Joh 6,49).

 

Das Brot des Lebens aber gibt dem, der davon isst d.h. der an Ihn glaubt, ewiges Leben (6,47-48). Dieses Leben kann durch den Tod nicht angetastet werden (6,50), es gehört zum Himmel (6,51) und findet seine Erfüllung auf dem Boden der Auferstehung und in Verbindung mit der neuen Schöpfung (6,54 "auferwecken am letzten Tag").

 

Aber damit das möglich ist musste der Herr in den Tod gehen, er musste sterben. Davon beginnt er am Ende von Vers 51 zu sprechen. Es ist die zweite grosse Wahrheit seiner Belehrungen in diesem Kapitel. Und wieder staunen wir, mit welcher Weisheit er die Juden lehrt zu verstehen, dass Er nicht nur das wahre Brot des Lebens ist, sondern auch, dass sein Sterben eine notwendige Voraussetzung ist, damit ein Mensch ewiges Leben bekommen kann. Mit dem Wechsel vom Bild des Brotes zum Bild des Fleisches - das im Wesentlichen ebenfalls von Ihm als dem menschgewordenen Sohn Gottes spricht (Joh 1,14) - deutet der Herr seinen Tod an. Auf den Einwand der Juden geht der Herr nicht direkt ein, sondern führt diese fundamentale Wahrheit weiter aus und macht unmissverständlich deutlich: Wenn ihr nicht das Fleisch des Sohnes des Menschen esst und sein Blut trinkt, so habt ihr kein Leben in euch selbst. Und: Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt hat ewiges Leben. Indem er von seinem Fleisch und Blut spricht wird unmissverständlich klar:

 

- Es geht um sein Sterben. Der Herr spricht jetzt von seinem Fleisch und seinem Blut. Indem er zusätzlich sein Blut erwähnt macht er diesen wichtigen Punkt unmissverständlich deutlich: Der Herr gab sein Leben, er musste in den Tod gehen, um uns Menschen Leben zu geben (vgl. Joh 12,24)

 

- der Mensch muss ihn, den gestorbenen Heiland im Glauben annehmen. Um Anteil zu bekommen an diesem Leben müssen wir die Wahrheit seines Todes im Glauben in uns aufnehmen (=essen und trinken). Essen und Trinken sind ausdrucksstarke Bilder. Durch Essen und Trinken nehmen wir etwas auf und es wird zu einem Teil von uns selbst.

 

Dieses Essen und Trinken geschieht, wenn der Mensch – gezogen vom Vater - kommt und glaubt an den Herrn Jesus als seinen Erlöser. Einfach gesagt bei seiner Bekehrung.

 

 

 

Bleibendes essen und trinken

 

 

In Vers 54 geht Er einen Schritt weiter und spricht von einem bleibenden Essen und Trinken. Wir brauchen den Heiland nicht nur um errettet zu werden und Leben zu bekommen. Wir brauchen Ihn auch als geistliche Nahrung für das neue Leben. Er, der Sohn Gottes, der Mensch geworden ist und gestorben ist, wird in Seinem Tod eine wahrhaftige Speise für das geistliche Leben. Wenn wir uns durch das Lesen der Bibel mit Ihm und seinem Sterben beschäftigen und unter Gebet über Ihn nachdenken, diesem Brot vom Himmel das in den Tod ging, "essen und trinken" wir diese wahrhaftige Speise, diesen wahrhaftigen Trank.

 

Wir sehen Ihn, wie Er sich unter die Engel erniedrigte wegen des Leidens des Todes (Heb 2,9), wie Er in Seinem Leben Sein Angesicht wie einen Kieselstein machte (Jes 50,7) und seinen Weg ausrichtete nach Jerusalem (Lk 9,51) um hinzugehen nach Golgatha und wie er den Kelch des Todes aus der Hand des Vaters annahm (Joh 18,11). Mit bewegten Herzen betrachten wir die Leiden, die ihm seine Geschöpfe zufügten, die Leiden der Kreuzigung, die Leiden des Verlassenseins von Gott. Wir sehen wie das Schwert des göttlichen Gerichts gegen ihn erwachte und Er Sein Leben ausschüttete in den Tod.

 

 

Der Tod des Herrn Jesus, dieses Lamm Gottes, ist das Zentrum der Wege Gottes mit den Menschen. Das Kreuz von Golgatha ist die Grundlage von jedem Segen den Gott den Menschen geben möchte. Der Opfertod des Herrn Jesus ist die Voraussetzung, dass Gott der Vater mit der ersten Schöpfung zum Ziel kommt und dass er seine ewigen Absichten und Pläne erfüllen kann. Durch den Opfertod des Herrn Jesus ist Gott vollkommen offenbart und dargestellt und unendlich verherrlicht worden (Joh 13,31; 17,4). Alles was Gott ist in Licht, in Liebe und in göttlicher Majestät wird in Ihm am Kreuz gesehen. An diesem heiligen Opferlamm fand Gott seine vollkommene Befriedigung und Freude (Eph 5,2; Joh 10,17). Gleichzeitig hat der Herr Jesus durch sein Opfer Sühnung bewirkt für unsere Sünden, ja im Blick auf die ganze Welt (1.Joh 2,2). Das, was vor Gott existierte als eine schreckliche Beleidigung und Verunehrung Gottes wurde zugedeckt und weggetan aus der Gegenwart Gottes durch dieses Brandopfer. Allein Sein Sühnungstod, durch den Er Gott im Blick auf die Sünden und Sünde verherrlichte, konnte dies bewirken. Aufgrund dieses Opfers konnte Gott den Glaubenden Erlösung und Vergebung schenken (Eph 1,7)

 

 

Erkennen wir ein wenig, weshalb der Herr hier so eindringlich davon spricht, dass er der gestorbene Sohn des Menschen - Sein Fleisch und Sein Blut – wahrhaftige geistliche Nahrung ist?

 

Diese Speise wird uns verändern. Unser Herz und unsere Gesinnung werden von Ihm geprägt werden. Sie führt uns zu praktischer Gemeinschaft mit dem Herrn und zur Anbetung (Joh 6,56) und zu einem Glaubensleben, das von Ihm geprägt ist. Von Ihm werden die Impulse ausgehen und es wird etwas von Ihm sichtbar in unserem Leben. Oder wie der Herr es ausdrückt: "wer mich isst wird auch leben meinetwegen" (Joh 6,57).

 

 

Diese Speise lässt uns getrennt von der Sünde sorgfältig wandeln in dieser Welt, mit Demut und Sanftmut. Immer wenn Petrus den Herrn Jesus als Vorbild zeigt in seinem ersten Brief, weist er auf den Tod des Herrn hin (1.Pet 2,21-24; 3,18; 4,1).

 

 

 

Eine Entscheidung wird gefordert

 

 

Für viele von seinen Jüngern waren diese Unterweisungen des Herrn zu hart. Und als der Herr Jesus dann noch auf seine Himmelfahrt hinwies, die dritte grosse Wahrheit in diesem Kapitel, gingen viele von ihnen weg und folgten ihm nicht mehr nach. Die Worte des Herrn forderten eine Entscheidung und es offenbarte sich, wer Ihm bis da nur äusserlich nachgefolgt war. Hier wird deutlich, dass der natürliche Mensch göttliche Dinge nicht annimmt, nicht annehmen kann, sie sind Torheit und Anstoss für ihn (1.Kor 2,14). Jesus machte darum den Zuhörern den Charakter seiner Worte klar: sie sind Geist und Leben sind. Er hat in einer Bildersprache gesprochen um geistliche Wahrheiten deutlich zu machen. Wahrheiten, die, wenn sie im Glauben angenommen werden, neues Leben bewirken.

 

 

In seiner vollkommenen Kenntnis wusste der Herr von Anfang an wer weggehen würde und wer bleiben würde. Ja, er kannte sogar den, der jetzt noch blieb, aber ihn später überliefern würde – einer von den Zwölfen. Dennoch fragt er die Zwölf: wollt ihr auch weggehen? Manchmal stellt der Herr diese Frage auch uns. Er will nicht, dass wir Mitläufer sind, sondern dass wir mit Herzensüberzeugung Ihm entschieden nachfolgen – Ihm, den die Masse der Menschen ablehnen und dem viele in der Christenheit auf einem fleischlichen Weg nachzufolgen versuchen.

 

Wie schön ist die Antwort des Petrus. Wie sehr wird sie den Herrn gefreut haben. Wie sehr freut er sich wenn auch wir diese Worte sagen können, weil wir erleuchtet an den Augen unserer Herzen und belehrt durch den Geist Gottes etwas von Ihm kennengelernt haben.

 

In seiner Antwort fasst Petrus zusammen, was er von der Rede des Herrn verstanden hat. Er hat in seinem Herzen und seinem geistlichen Empfinden einen Eindruck bekommen von der Bedeutung der Worte und der Person des Herrn und bringt das zum Ausdruck. Gleichzeitig ist es auch der Ausdruck einer Überzeugung die immer mehr gewachsen ist, seit jenem Tag an dem Andreas und wahrscheinlich Johannes gefragt hatten: "Lehrer, wo hältst du dich auf?" (Joh 2,39). Damals hatte auch Petrus den Herrn als Messias kennengelernt. Seither ist er ihm nachgefolgt und hat mehr über ihn gelernt, den Sohn Gottes und König Israels (1,49), den Heiland der Welt (4,42), den Sohn des Vaters, der in souveräner Macht Leben gibt wem Er will (5,21), den Sohn des Menschen, der dem Leben gibt der an ihn glaubt (6,40).

 

Für Petrus und die anderen gab es keine Alternative. Zu wem sollten sie gehen? Diese Jünger hatten in Jesus Christus etwas gefunden, das es sonst nirgends gab. Dieser Eine konnte in Seiner Person und durch die Gabe des ewigen Lebens alle ihre Bedürfnisse stillen und ihre Herzen erfüllen.

 

"Du hast Worte ewigen Lebens": Die Reden des Herrn waren Worte, die das ewige Leben offenbarten und die Leben bewirkten in denen die glaubten. Es ist das was Er gibt. Das ist die zentrale Botschaft dieses Kapitels, ja des Johannesevangelium: ewiges Leben für den, der an Ihn glaubt: den Sohn Gottes, der Menschen geworden und gestorben ist (vgl. 20,31).

 

"Du bist der Heilige Gottes": Sie haben in Ihm durch Glauben eine göttliche Person erkannt. Jemand, der als Mensch auf der Erde in einer Welt der Sünde in völliger Heiligkeit, völlig für Gott lebte. Jemand, der Worte des Lebens bringt in eine Welt der Sünde und des Todes. Petrus bekennt mit dieser Aussage, dass die Jünger in Ihm der als Mensch auf der Erde war, den Sohn Gottes erkannten. Nathanael anerkannte ihn als Sohn Gottes in Verbindung mit Israel. Dies war sein offizieller Titel. Petrus erkennt ihn als Heiliger Gottes, als Sohn Gottes nach der Kraft des ewigen Lebens, das Er offenbarte. So dürfen wir als Christen ihn kennen.

 

 

Bei IHM wollten sie bleiben. Wo wollen wir uns aufhalten und bleiben? Hat der Sohn Gottes auch eine so grosse Anziehungskraft auf unser Herz und unser geistliches Verständnis, dass wir bei IHM bleiben wollen?

 

 

Urs Hänseler

 

 

   

[i] Dies ist immer die Blickrichtung des Heiligen Geistes im Johannesevangeliums. Er knüpft bei der Situation der Juden an aber die Botschaft Gottes richtet sich immer an alle Menschen. Gott gibt dem der glaubt Leben und führt ihn so ausserhalb des Judentums auf einen himmlischen und ewigen Boden vgl.z.B Joh 3,16.