Psalm 41

Psalm 41


Im ersten Psalmbuch wird der Herr in verschiedenen Psalmen gezeigt als Messias, als Sohn des Menschen, als abhängiger Mensch und schliesslich in seinen Leiden und seinem Tod für die Sünden des Volkes und als der, der bis zum Tod das Wohlgefallen Gottes tat. Weiter sehen wir natürlich den Überrest aus den Juden, der noch in Jerusalem und im Land ist, aber unterdrückt und gehasst und verfolgt.

Psalm 40 endet, nach der Beschreibung der Leiden des Herrn, mit einem Satz, der einerseits nochmals den Herrn zeigt, wie er zu Gott ruft in seinen Leiden als der Elende (vgl. Ps 22,25; 34,7), dann aber auch das Elend des Überrests (Ps 34,7; Sach 1,7.1; 13,7b) ausdrückt, der zu Gott ruft und mit dem sich der Herr einsmacht.



Dem folgt Psalm 41, der das Thema des Armen aufnimmt und fortsetzt. Seine Bedrängnis durch die ungläubigen Juden und seine Hilfsquelle, die allein in Gott ist, wird uns gezeigt.



Der Psalm hat vier Abschnitte. Zuerst sehen wir in den Versen 1-4 einen allgemeinen Grundsatz im Blick auf den Armen. Dann folgt ein Gebet mit drei Abschnitten. Verse 5-10 zeigt uns den Armen, wie er zu Gott ruft und seine Not vor Ihm ausbreitet – eine Not, die vor allem Begründet ist in der Verfolgung durch die eigenen Volksgenossen, die den Messias ablehnen. In den Versen 11-13 ruft er zu Gott um Rettung im Vertrauen, dass ER ihn durchträgt. Der Psalm endet mit einem Lobpreis zu dem Gott Israels – ein Lobpreis, wie wir ihn ebenfalls am Ende jedes Psalmbuch finden.





Verse 1-4 Die Hilfe und das Glück dessen, der auf den Armen achtet:



Der Arme (oder der Geringe) in diesem Psalm ist in erster Linie der zukünftige gläubige Überrest aus den Juden. Derjenige der für diese Armen Verständnis hat und auf sie achtet, wird Glückselig gepriesen. Es ist das Glückselig dessen, der von Herzen aufrichtig mit Gott leben möchte und sich zu den Gläubigen hält. Wir finden es in verschiedenen Psalmen (Ps 1;32;33;34 usw.) und wir finden es zu Beginn der Bergpredigt, wo der Herr den Armen im Geist glückselig preist. Derjenige der selbst arm im Geist ist, d.h. eine demütige (Geistes)Gesinnung hat wird auf denjenigen achten haben, der ebenfalls arm ist. Es sind solche die die Boten des Herrn aufnehmen werden und sie unterstützen. Letztlich werden das solche sein, die selbst gläubig sind, bzw. den Messias erwarten (Mt 10,11-13; 25,34-40).

Aber dann dürfen wir in dem Armen auch unseren Heiland sehen, der sich selbst erniedrigte und arm wurde, um uns zu retten. Es ist ein grosses Glück, den Herrn zu betrachten wie ER als der niedriggesinnte und verworfene Fremdling über diese Erde schritt. Und weil ER arm und gering war, kann er sich verbinden mit dem zukünftigen Überrest und deshalb gibt es in diesem Psalm auch Verse, die uns sehr an das erinnern, was der Herr erleben musste (V. 10). Wir dürfen deshalb wissen: der Herr sieht uns in unserer Not und Bedrängnis, unserer Armut und empfindet mit uns und verbindet sich mit uns, weil er dasselbe erlebt hat (Siehe Heb 2,17-18; 4,14-17).

Diese spezielle Zuwendung des Herrn ist eine grosse Gnade und erfüllt unser Herz mit Trost und Freude und gibt uns Kraft für den Weg. Aber wenn ER so achthat auf den Armen, und wenn diejenigen Glückselig gepriesen werden, die ebenfalls auf den Armen achthaben, dann soll uns das doch ganz praktisch ermuntern, ebenfalls auf solche zu achten und Verständnis zu haben, die arm, elend und gering sind. Es ist etwas das Gott sehr am Herzen liegt und auch im Gesetzt Mose grossen Raum einnimmt.



Dann folgen eine Reihe von Verheissungen für die, die in der Position des Armen sind und wir können wohl hinzufügen, für diejenigen, die auf diese Armen achten und sich mit ihnen einsmachen. Der Herr wird sie bewahren und retten und sie werden durch die Drangsalszeit hindurchgeführt in das Reich eingehen. So wird der Herr auch uns helfen und uns retten, die wir von Herzen die Gesinnung des Armen haben. Besonders am den Tagen, wo uns Unglück begegnet will Er uns erretten – nicht das Unglück wegmachen, aber uns helfen " das dein Glaube nicht aufhöre". Oft scheint es so als wären wir hilflos dem bösen Begehren der Menschen ausgeliefert. Aber das stimmt nicht. Gott setzt die Grenze und er wird uns am Leben erhalten auch wenn wir durch den Tod zu gehen hätten. Ebenfalls eine Verheissung die wir für uns nehmen dürfen ist seine Hilfe an Tagen der Krankheit und leiden. ER vermag uns in seiner Liebe Frieden und Trost zu geben.





Verse 5-10 Das Bekennen der Schuld und ausbreiten der Not vor Gott



Dieser Abschnitt beginnt mit dem Bekennen der Schuld. Das ist ein Charakterzug des zukünftigen gläubigen Überrests aus den Juden: Bussfertigkeit. Mit gedemütigten Herzen bekennen sie ihre Schuld vor dem Herrn im Blick auf das gebrochene Gesetzt und das Kreuzigen des Messias. Bussfertigkeit und die Bereitschaft unsere Verfehlungen zu bekennen markiert den Beginn eines Lebens als Gläubiger. Aber es muss auch ein Bestandteil unseres praktischen Lebens als Gläubige sein. Als die Israeliten im Land waren, mussten sie immer wieder nach Gilgal zurückkehren, dem Platz des Selbstgerichts. Wir werden später in diesem Psalm sehen, wie sich der Überrest ebenfalls auf ihre Aufrichtigkeit und praktische Gerechtigkeit vor Gott beruft (V.13). Aber das geht nur, wenn diese moralische Grundlage der Bussfertigkeit und der Bereitschaft Sünden zu bekennen vorhanden ist.



In den Versen 6-10 sehen wir wie der bussfertige Überrest ihre Klage über ihre Widersacher vor Gott bringt. Während es also solche geben wird, die auf diese Armen achten (V. 1), werden die meisten sie mit Verachtung und Verfolgung behandeln. Wenn es sich um unsere Verfehlungen handelt, dürfen wir sie Gott bekennen. Wenn es sich um Anfeindung von anderen Menschen handelt, dürfen wir diese Nöte vertrauensvoll vor Gott ausbreiten und ihm überlassen. Es ist natürlich so, dass wir hier auf dem Boden des alten Testaments stehen, und wir werden vermutlich andere Worte haben, um unsere Not auszudrücken. Aber den Schmerz über Ablehnung und Verachtung dürfen wir unserem Herrn bringen. Denn unser Herr versteht uns ja. Und auch wenn die Feindschaft schlimm ist, hat Gott immer einen Weg für uns, auf dem wir gerettet werden (V. 3).

Schliesslich sind es Verse, in denen wir besonders auch unseren Herrn finden. Die Führer im Volk wollten nichts so sehr, als den baldigen Tod des Herrn (Mk 3,6) und dass Er schnell wieder vergessen würde – damit sie in ihrer selbstgebastelten jüdischen Religion weitermachen könnten wie bisher um weiter die Ehre von den Menschen zu bekommen, die ihnen in ihren eigenen Augen zustand. Wie oft kamen sie zum Herrn um ihn mit Fangfragen in eine Falle zu locken, damit sie einen Anklagegrund gegen ihn hätten (Lk 11,54; 20,20). Sie haben über ihn diskutiert und ihm Ungereimtheiten untergeschoben (Joh 7,12; 8,41.48). Und schliesslich unternahmen sie alles, um ihn zu beseitigen, sogar den Verrat eines Jüngers nahmen sie in Anspruch. Wir sehen im Vers 10 welch ein Schmerz der Verrat des Judas, der drei Jahre mitgegangen war, für den Herrn war. Er kannte ihn völlig, und doch vertraute Er ihm die Verwaltung der finanziellen Angelegenheiten der Jünger an und hatte mit ihm Tischgemeinschaft. Judas dankte es ihm, indem er die Ferse gegen den Herrn erhob und ihn an seine erbitterten Feinde verkaufte.


Urs Hänseler 9/2022