Die Jünger von Emmaus
Die Jünger von Emmaus
Lukas 24,13-27
Zwei Jünger gehen von Jerusalem weg, denn sie sind enttäuscht. Ihre Hoffnung auf den Messias hat sich zerschlagen. Niedergeschlagen unterhalten sie sich über die Ereignisse der vergangenen Tage.
Unser Herr sieht diese beiden Jünger und lässt sie nicht allein. Er liebt sie und geht ihnen in seiner Barmherzigkeit nach. Es heisst, «dass Jesus selbst sich näherte und mit ihnen ging». Er selbst kommt, er nähert sich und geht mit ihnen. Welch einen guten Herrn haben wir! Auch heute handelt Er genau gleich mit denen, für die Er sein Leben gelassen hat! Aber offenbar sind die beiden Jünger so mit ihrem Problem beschäftigt, dass sie Ihn nicht erkennten. «Ihre Augen wurden gehalten.»
Als der gute Hirte hält der Herr diesen niedergeschlagenen Jüngern nicht einen Vortrag, sondern stellt ihnen eine Frage. So gibt Er ihnen Gelegenheit, ihr Herz vor Ihm auszuschütten. Das ist ein wesentlicher Bestandteil des Hirtendiensts: Fragen stellen und dann zuhören.
Was die enttäuschten Jünger sagen
Aus der Antwort, die die beiden Jünger dem Herrn Jesus geben, wollen wir drei Aussagen aufgreifen:
- «Bist du der Einzige, der in Jerusalem weilt und nicht erfahren hat, was in ihr geschehen ist?» (V. 18). Natürlich wissen die Zwei nicht, wer mit ihnen geht. Aber wir, haben wir solche Fragen unserem Herrn nicht auch schon gestellt? «Kümmert es dich nicht …» (Lk 10,40). «Liegt dir nichts daran …» (Mk 4,38). «Wenn du hier gewesen wärest …» (Joh 11,21). Im Moment der Not erscheinen uns diese Frage berechtigt zu sein. Später dürfen wir jedoch erkennen, dass unser guter Herr sich immer in Gnade und Weisheit um uns gekümmert hat! Die beiden Jünger denken, Er sei der Einzige, der nicht informiert ist. Dabei ist Er der Einzige, der alle Informationen hat und ein vollkommenes Urteil über alle Geschehnisse in Jerusalem besitzt. Das hat Er auch immer in unserem Leben! Wie schnell vergessen wir es.
- «Wir aber hofften, dass er der sei, der Israel erlösen solle» (V. 21). Das ist doch auch seine Absicht, oder nicht? Ja, Er ist gekommen um sein Volk von ihren Sünden zu erretten (Mt 1,21). Das Kreuz ist eine absolute Voraussetzung, um in einer zukünftigen Zeit Israel zu erlösen. Das haben die Zwei beim Lesen des Alten Testaments übersehen. Darum sind sie zu falschen Schlussfolgerungen gekommen und haben den Eindruck, es sei nun alles vorbei. Wir wollen sie nicht kritisieren, sondern von ihnen lernen und uns fragen: Haben wir ein solides Glaubensfundament, das sich auf die ganze Wahrheit der Bibel stützt? Oder sind wir noch Unmündige, «die hin und hergeworfen und umhergetrieben werden von jedem Wind der Lehre» (Eph 4,14.15)? Wir wollen uns gegenseitig ermuntern – Jüngere und Ältere –, uns viel mit der grundlegenden Wahrheit des Wortes Gottes zu beschäftigen. Letztlich ist der Kern jeder biblischen Wahrheit eine Person: Christus!
- «Einige Frauen von uns haben uns ausser uns gebracht: Am frühen Morgen sind sie bei der Gruft gewesen, und als sie seinen Leib nicht fanden, kamen sie und sagten, dass sie auch eine Erscheinung von Engeln gesehen hätten, die sagen, dass er lebe» (V. 22.23). Mindestens dreimal hat der Herr Jesus vor der Kreuzigung von seinem Tod und seiner Auferstehung gesprochen. Haben sie nicht zugehört? Wahrscheinlich schon, aber es war nicht mit Glauben vermischt. Darum haben sie keinen Nutzen daraus gezogen. Glauben wir den göttlichen Mitteilungen? Glauben wir Gott und seinem Wort? Oder erscheint es uns oft auch wie ein «Märchen» oder «leeres Gerede» (Lk 24,11)? Wir wollen den Herrn bitten, dass Er uns einen tiefen Glauben an das Wort Gottes und eine festes Überzeugung von der biblischen Wahrheit schenkt. Als Folge davon sind wir «gewurzelt und auferbaut in ihm (Christus) und befestigt in dem Glauben» (Kol 2,7). Der Christus kann durch den Glauben in unseren Herzen wohnen und wir sind in Liebe gewurzelt und gegründet (Eph 3,17).
Glauben und verstehen
Ausgehend von der letzten Aussage der Jünger möchten wir einen wichtigen Punkt hervorheben: Es besteht eine enge Verbindung zwischen Glauben, Gehorsam und geistlichem Verständnis.
Das Wort Gottes ist keine intellektuelle, sondern eine geistliche Mitteilung. Darum nehmen wir sie nicht verstandesmässig, sondern im Glauben auf. Nur der Glaube, der sich dem Wort Gottes unterordnet, bewirkt, dass wir geistliches Verständnis bekommen und an den Augen unserer Herzen erleuchtet werden (Eph 1,18). Ausserdem ist die Wahrheit der Bibel nur dann in unserem Leben fruchtbringend und wachsend (Kol 1,6), wenn wir sie als Gottes Wort im Glauben aufnehmen (Heb 4,2; 1. Thes 2,13).
Schliesslich können wir die göttlichen Mitteilungen nicht auf einem intellektuellen Weg verstehen. Das Verständnis ist nicht ein Ergebnis von menschlicher Intelligenzleistung, sondern die Folge einer demütigen Bereitschaft, dem Wort zu gehorchen. Man hört manchmal: «Ich will es zuerst verstehen, dann werde ich es tun.» Es ist zwar wahr, dass wir mit Verständnis handeln sollen, denn wir sind Söhne Gottes. Aber der Weg zum Verständnis setzt die Bereitschaft zum Gehorsam voraus – auch wenn wir noch nicht alles verstehen. Hand in Hand mit dem gehorsamen Tun geht das geistliche Verstehen. Der Herr selbst zeigt diesen Weg klar auf (Joh 7,17; Kol 1,9).
Was der Herr den Jüngern mitteilt
Der Herr Jesus kann diesen zwei Jüngern einen Tadel nicht ersparen: «O ihr Unverständigen und trägen Herzens , an alles zu glauben, was die Propheten geredet haben!» Aber dann schaltet Er mit einem einzigen Satz ein helles Licht an, indem Er über sich selbst und über zwei wichtige Tatsachen seiner Person spricht: «Musste nicht der Christus dies leiden und in seine Herrlichkeit eingehen?» Er bringt Christus in ihre Überlegungen und Probleme hinein - und alles wird hell! Lasst uns in alles, was uns bewegt und betrifft, Christus hineinbringen. Dann beurteilen wir die Probleme anders und unser Herz wird froh. Es beginnt zu brennen, weil Er vor unseren Glaubensaugen steht.
Diese zwei Jünger haben zuerst gedacht, dieser Fremde, der mit ihnen geht, besitze nicht alle Informationen. Jetzt lernen sie, dass sie selbst die wesentliche Information nicht beachtet und geglaubt haben. Welch ein Wechsel entsteht jetzt in ihren Herzen.
Wir lernen hier vom Herrn selbst, dass die ganze Bibel ein grosses Thema hat: Es ist Christus! Er ist die Person, um die sich alles dreht. Wir finden darum im ganzen Wort Gottes Hinweise auf Ihn, der das Herz des Vaters füllt und durch den Gott alles tut. Einige Beispiele dazu:
- Es beginnt mit der Aussage «Lasst uns Menschen machen» (1. Mo 1,26). Da finden wir einen Hinweis auf die drei Personen der Gottheit.
- Der Auftrag an Adam, über die Schöpfung zu herrschen (1. Mo 1,28) lenkt unsere Gedanken auf den Sohn des Menschen (Ps 8,5-10).
- Der todesähnlichen Schlaf von Adam (1. Mo 2,21), damit er von Gott eine Frau bekam, spricht davon, dass Christus sich selbst für die Versammlung in den Tod gegeben hat (Eph 5,25-32).
- Die Aussage über den Samen der Frau ist die erste Prophezeiung auf den Herrn Jesus und seinen Tod am Kreuz, durch den Er Satan besiegt hat (1. Mo 3,15).
- Die Kleider aus Fell, die Gott selbst für das schuldige Menschenpaar machte, stammten von einem Tier das sterben musste – ein Hinweis auf den Opfertod des Erlösers (1. Mo 3,21).
Es gibt im Alten Testament noch vieles, was von Christus, von seinen Leiden und seiner Herrlichkeit spricht. Wären wir bei dieser Unterweisung des Herrn nicht alle gern dabei gewesen? Wir wollen uns viel mit Christus beschäftigen, von dem uns die Bibel so viele Hinweise gibt (Joh 5,39)!
«Musste nicht der Christus dies leiden und in seine Herrlichkeit eingehen?» Diesem Heiland folgen wir nach: Es geht durch manche Leiden, aber es geht zur Herrlichkeit.
Wir fassen zusammen:
- Christus kann die Niedergeschlagenheit vertreiben und unsere Herzen zum Brennen bringen.
- Christus ist der Schlüssel, um die Probleme im rechten Licht zu sehen und zu beurteilen.
- Christus ist das grosse Thema und der zentrale Inhalt der Bibel!
- Christus ist der Schlüssel, um das Wort Gottes mit dem Herzen zu verstehen!
Lukas 24,28-43
Zwei niedergeschlagene Jünger sind von Jerusalem nach Emmaus unterwegs. Da nähert sich ihnen der Herr Jesus und stellt ihnen Fragen, damit sie Ihm ihre Not erzählen können. Dann beginnt Er über den verheissenen Christus zu sprechen, der leiden und in die Herrlichkeit eingehen sollte. Nun kommen sie nach Emmaus.
Die persönliche Seite
Der Herr hat diesen zwei Jünger das Verständnis für Ihn selbst in den Schriften geöffnet und ihre Herzen zum Brennen gebracht. Nun wollen sie, dass dieser Fremde bei ihnen bleibt. «Sie nötigten ihn und sagten: Bleibe bei uns» (V. 29). Der Herr Jesus drängt sich uns nicht auf. Er klopft an, damit wir Ihn hereinlassen. Welchen Platz geben wir Ihm in unserem Leben?
Sie überlassen Ihm die Führung! Er war der Herr in ihrem Haus. Hat es uns auch schon gewundert, mit welcher Selbstverständlichkeit Er hier die Führung übernimmt?
Wer regiert in unseren Häusern? Der Mann? Die Frau? Die Kinder? Das irdische Leben? Der Beruf? Der Haushalt? Die Liebe zur Welt? Hier ist es der Herr Jesus - und da entsteht Segen!
In Vers 30 sehen wir, wie Er Brot nimmt, dafür dankt, es bricht und austeilt. Wir wollen beachten, dass es sich hier nicht um das Gedächtnismahl handelt. Das Mahl des Herrn kann nicht in einem familiären, häuslichen Kreis stattfinden, sondern nur dort, wo sich Gläubige regelmässig zum Namen des Herrn Jesus versammeln und so als Versammlung zusammenkommen.
Im Haus der Jünger von Emmaus sehen wir, wie der Herr im häuslichen Bereich die Glaubenden segnet, wenn sie Ihm den Raum dazu geben! Er teilt selbst geistliche Nahrung aus, die für alle in diesem privaten Bereich zum Segen und Nutzen ist.
Was ist das Ergebnis? Sie erkennen Ihn. Wenn Er in unserem Leben, in unseren Häusern die Führung hat und seinen Segen austeilen kann, werden wir alle - Kinder und Erwachsene - in der Gnade und Erkenntnis unseres Herrn Jesus Christus wachsen!
Der gemeinschaftliche Seite
Die beiden Jünger kehren nach Jerusalem zurück. Dort liess Gott einst seinen Namen wohnen. Aber sie gehen nicht in den Tempel, denn dieses Haus ist den Juden in der Zeit der Abwesenheit des Herrn öde gelassen. Sie gehen dorthin, wo die Elf mit den andere Gläubigen beisammen sind, um ihnen die wundervolle Tatsache der Auferstehung des Herrn mitzuteilen. Aber diese wissen es schon. So sind jetzt viele zusammen. Da kommt Jesus selbst in ihre Mitte (V. 36).
Er bringt ihnen Worte des Friedens: «Friede euch!» Weil Er durch das Blut seines Kreuzes grundsätzlich Frieden gemacht hat, haben wir Frieden mit Gott (Röm 5,1). Das betrifft jeden Erlöste persönlich. Aber Er ist auch «unser Friede, der aus beiden eins gemacht und abgebrochen hat die Zwischenwand der Umzäunung …, damit er die zwei, Frieden stiftend, in sich selbst zu einem neuen Menschen schüfe (Eph 2,14.15). Dies ist der grundsätzliche Friede, den Er unter den Gläubigen bewirkt hat. Menschen, die einst verhasst und einander hassend waren (Tit 3,3), hat Er in Frieden zu einer neuen Einheit zusammengebracht. Sie bilden gemeinsam den Leib des Christus.
Dann vertreibt der Herr jede Furcht aus den Herzen der Jünger (V. 38). Auch wir kommen, wenn wir seine vollkommene Liebe vor Augen haben, in Ihm und bei Ihm zur Ruhe.
Der Herr Jesus ist persönlich in der Mitte der Seinen. Um es ihnen klar zu machen, sagt Er: «Seht meine Hände und meine Füsse, dass ich es selbst bin» (V. 39). So ist es auch heute. An dem Ort, wo Er in der Mitte der Seinen ist, offenbart Er sich ihnen. Durch den Dienst der Wortverkündigung und Weissagung spricht Er zu uns, damit wir Ihn noch besser kennen lernen, damit wir Wegweisung, Hilfe, Trost, Ermahnung, Ermunterung für unser Glaubensleben bekommen.
Einst gingen die Jünger weg, weil alles verloren schien. Jetzt sind sie da, wo der Herr Jesus selbst in der Mitte ist. Es ist ein Ort des Friedens, wo Er sich selbst den Seinen offenbart. Welch eine Freude, welch ein Segen ist an diesem Platz!
Urs Hänseler