Das Kind in der Krippe

Das Kind in der Krippe


«Herrlichkeit Gott in der Höhe und Friede auf Erden, an den Menschen ein Wohlgefallen!» (Lk 2,14).

Die Geburt Jesu

Da lag ein kleines Kind in Windeln gewickelt in der Krippe, ein Baby, das in grosse Armut hineingeboren wurde und auf die Hilfe und Fürsorge der Eltern angewiesen war. Die Welt verkannte dieses Kind und wollte es nicht aufnehmen, sondern überliess es - menschlich gesprochen - zusammen mit seiner Mutter seinem Schicksal. Was kümmerte es die Welt, wo eine unbekannte, junge Frau ihr erstes Kind zur Welt brachte? Hatte man nicht Wichtigeres zu tun? War nicht ganz Bethlehem mit Fremden überfüllt?


Von den Engeln gesehen

Für die Engel gab es in diesem Moment kein wichtigeres Ereignis als die Geburt Jesu. «Das Heilige», das Sohn Gottes genannt wird, war geboren worden (Lk 1,35). Der ewige Gott war Mensch geworden. Ob Engel ihren Schöpfer bisher gesehen hatten, wissen wir nicht. Aber hier erblickten diese mächtigen Wesen ihren Schöpfer, und zwar als Mensch, geboren von einer Frau.

- Die Engel jauchzten als Gott die Erde schuf (Hiob 38,4-7). Da sahen sie seine Macht und Weisheit.

- Die Engel möchten gerne in die Geheimnisse hineinschauen, die unsere Errettung betreffen und die mit den angekündigten Leiden und Herrlichkeiten des Herrn Jesus verbunden sind (1. Pet 1,12).

- Die Engel beobachten auch, ob und wie erlöste Menschen, die dem Geist nach bereits zur neuen Schöpfung gehören, die Ordnung Gottes in der ersten Schöpfung beachten (1. Kor 11,10).

- Die Engel sehen in der Versammlung nicht nur Weisheit, sondern Gottes überragende Weisheit (Eph 3,10).

- Doch das Herrlichste sahen die Engel in Bethlehem: den Mensch gewordenen Sohn Gottes in der Krippe liegen - schwach, hilflos und ganz von seinen irdischen Eltern abhängig.


Der Grund für sein Kommen als Baby

Damit wir ein wenig nachvollziehen können, was Gott tat, wollen wir uns einmal fragen: Wären wir bereit, unser neugeborenes Kind einem jungen, armen Ehepaar anzuvertrauen, das in einem Elendsviertel einer Grossstadt lebt und keine Aussicht auf eine Verbesserung ihrer Situation hat?

Weshalb kam Gottes Sohn in dieser Weise auf die Erde? Warum musste Er irgendwo in Bethlehem in einer Futterkrippe liegen? Weil die Sünde in die Welt gekommen war und alles in Unordnung gebracht hatte. Weil der Mensch ein Sünder und ein Feind Gottes geworden war und keinen Platz für Ihn hatte. Deshalb gab es in der Herberge keinen Raum für den Herrn der Herrlichkeit. Seine Eltern mussten für das Neugeborene mit einer Futterkrippe vorliebnehmen. Später lesen wir, dass ganz Jerusalem über seine Geburt erschrak und König Herodes Ihn als kleines Kind töten wollte (Mt 2,3.13). Bewegt es nicht unsere Herzen, wenn wir darüber nachdenken?

Doch die Engel waren nicht mit dieser traurigen Tatsache beschäftigt. Mit ihren Worten lenken sie unsere Blicke von den betrüblichen Umständen weg auf die Person selbst und auf die Bedeutung seines Kommens. Denn der zweite Grund, warum der Herr Jesus in dieser demütigen Weise in die Welt kam, ist Gnade. Weil der Mensch so tief gefallen war, kam der Sohn Gottes in seinem Erbarmen in die Welt und wurde als Kind armer Eltern geboren. Denn wo die Sünde überströmend geworden ist, ist die Gnade noch überreichlicher geworden. Dort in Bethlehem offenbarte sich Gott in Gnade und Segen. Die Umstände und die äussere Armut, in die der Herr hineingeboren wurde, machen diese Gnade nur umso erstaunlicher und vollkommener.

Wenn wir so auf unseren Heiland blicken und über die Bedeutung seines Kommens nachdenken, werden unsere Herzen ruhig - mitten in einer Welt, in der alles in Unordnung ist. Das Kind in der Krippe, der Sohn Gottes, ist die wahre Quelle von Kraft, Heiligkeit und Freude.


Das Lob der Engel

In ihrem Lob sprechen die Engel von drei Tatsachen: erstens über die Herrlichkeit Gottes, zweitens über den Frieden für diese Erde und drittens über das Wohlgefallen Gottes an den Menschen. Alle drei Punkte weisen auf den zukünftigen Segen im Tausendjährigen Reich hin. Sie waren aber auch in dem Moment Wirklichkeit, als unser Herr in der Krippe lag. Sie gleichen einem göttlichen Rahmen, der die Bedeutung seiner Menschwerdung umschreibt.

a) Herrlichkeit Gott in der Höhe

In der Sendung seines Sohnes als Mensch auf die Erde hat Gott, der Allerhöchste, auf eine erstaunliche und grossartige Weise Herrliches von sich gezeigt. Er hat sich in der Menschwerdung seines Sohnes verherrlicht. Auf der Erde wurde und wird das im Allgemeinen allerdings nicht bemerkt. Deshalb sagen die Engel: «Herrlichkeit Gott in der Höhe».

In Bethlehem sehen wir Gottes Liebe, seine Weisheit, seine Macht. Ja, auch seine Macht. Gott nahm das Böse zum Anlass, um die Überlegenheit seiner Macht über die Sünde zu zeigen, indem Er seinen Sohn als Erlöser auf die Erde sandte. Er tat es auf eine Weise, die in den Augen der Menschen Schwachheit ist. Doch es war göttliche Macht, in der Er begann, seine Pläne zu erfüllen. Er handelte in Vollkommenheit da, wo die Sünde regierte.

Inmitten des Bösen offenbarte sich Gott durch die Geburt Jesu, so dass die Engelscharen ausriefen: «Herrlichkeit Gott in der Höhe!»


Auch wir wollen mit grosser Freude in dieses Lob einstimmen:

- Wo gibt es eine Liebe wie Gottes Liebe, die sich in der Gabe seines einzigen, geliebten Sohnes auf die Erde offenbarte und am Kreuz auf Golgatha ihren Höhepunkt fand?

- Welch ein überwältigender, ja, göttlicher Gedanken: Gott wurde Mensch!

- Wie zeigte sich dadurch die Überlegenheit des Guten über das Böse!

- Welche Weisheit sehen wir! Mit diesem Kind in der Krippe rührt Gott die Herzen der Menschen an, spricht zu ihnen und zieht sie zu sich zurück!

- Wie nahe kam der Sohn Gottes zu den Menschen! Er nahm an ihren Bedürfnissen, ja, an ihrem Leben teil und lernte auf diese Weise ihre Situation kennen.

- Dennoch erhielt Gott seine Heiligkeit aufrecht!


Anbetend erkennen wir, wie Gott sich durch das Böse nicht aufhalten liess, sondern sich durch die Menschwerdung seines Sohnes in einer Weise offenbarte, wie Er vorher nie gekannt worden war.


b) Frieden auf Erden

Die zweite Auswirkung der Menschwerdung des Herrn Jesus ist Frieden auf Erden. Wie könnte es anders sein! Um Gericht auf die Erde zu bringen, hätte der Sohn Gottes nicht Mensch werden müssen. Aber was kann die Tatsache, dass Er als ein kleines, hilfloses Kind in der Krippe lag, anderes bedeuten, als dass Gott der Welt Frieden anbieten will?

Als der Prophet Samuel nach Bethlehem kam, um David zum König zu salben, bedeutete sein Kommen für die Bewohner dieser Stadt Frieden (1. Sam 16,5). Wie viel mehr ist das Kommen des Sohnes Gottes in die Welt eine Botschaft des Friedens! Gott war in Christus und reichte den Menschen die Hand zur Versöhnung (2. Kor. 5,19). So sagte Jesus zu Nikodemus: «Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richte, sondern damit die Welt durch ihn errettet werde» (Joh 3,17). Darum haben Menschen, die Ihn im Glauben aufnehmen, jetzt schon Frieden mit Gott und kennen den freien glücklichen Zugang zu Ihm (Röm 5,1.2).

Die Engel sind mit der Person des Friedensbringers und den Auswirkungen bis ins zukünftige Friedensreich beschäftigt. Dann wird seine vollkommene und gerechte Regierung alles sichtbare Böse von der Erde wegtun. Es wird Frieden sein, weil Gottes Ordnung durch Ihn aufrechterhalten wird. Alles wird mit dem Friedensfürsten in Übereinstimmung sein und seinem Herzen entsprechen.

Damit dieses Ziel erreicht wird, musste eine Erlösung vollbracht und die Macht Satans zerstört werden. Die Menschen müssen mit Gott versöhnt werden und die Schöpfung muss wieder in Harmonie mit ihrem Schöpfer gebracht werden. Aber das ist nicht das Thema hier, sondern die Person des Herrn Jesus. Alles war sozusagen verborgen in diesem Kind, das in der Krippe lag. Durch dieses kleine Kind griff Gott in die Welt ein, wo die Sünde regierte, um seine Pläne auszuführen. In Ihm, der so in die Welt gekommen war, ist die Erfüllung dieser Pläne gesichert.

Die Ablehnung dieses Friedensangebots Gottes im Herrn Jesus bedeutet allerdings für alle, die nicht an Ihn glauben, Gericht. Denn an Ihm scheiden sich die Menschen. Der Herr selbst weist in Lukas 12,51 darauf hin: Seine Gegenwart bewirkt unter Menschen Konfrontation und Entzweiung. Aber das war nicht Gottes Absicht, als Er seinen Sohn sandte, sondern eine Folge der Ablehnung von Jesus Christus durch die Masse der Menschen. Statt «Frieden auf Erden» haben wir heute erbitterte Feindschaft gegen den Herrn Jesus und gegen jene, die die Botschaft des Friedens annehmen - eine Tatsache, die jeder, der Ihm nachfolgt, mehr oder weniger intensiv erfährt.

Dennoch bedeutet die Gegenwart des Sohnes Gottes als Kind in einer Krippe inmitten von Sündern vor allem eins: «Frieden auf Erden».


c) An den Menschen ein Wohlgefallen

Als drittes bringen die Engel Gottes Wohlgefallen an den Menschen zum Ausdruck. Schon in den Sprüchen wird darauf hingewiesen, dass seine Wonne bei den Menschenkindern war (Spr 8,31). Gottes spezielles Interesse ist weder bei den Engel, diesen mächtigen und dienstbaren Geistern, noch beim unendlichen Universum, das die Herrlichkeit Gottes verkündet. Sein Wohlgefallen galt von Anfang an den Menschen. Das blieb auch nach dem Sündenfall so, als von uns Menschen gesagt werden musste: «Da ist keiner der Gott sucht. Alle sind abgewichen, sie sind allesamt untauglich geworden» (Röm 3,11.12).

Doch Gott gab den Menschen nicht auf, sondern dokumentierte sein Interesse und sein Wohlgefallen an ihm durch die Menschwerdung seines Sohnes: Jesus - gezeugt durch den Heiligen Geist - wurde von einer Frau geboren und in eine Krippe gelegt. Damit sagte Gott gleichsam: Die Menschen bedeuten mir so viel, dass Ich meinen einzigen Sohn Mensch werden lasse und als kleines Kind zu ihnen sende.

Allerdings hatte Gott kein Gefallen am sündigen Zustand und den bösen Taten der Menschen, aber sehr wohl an ihnen selbst. Denn so sehr hat Gott die Welt - d.h. die Menschen - geliebt, dass Er seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an Ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe (Joh 3,16).



Durch die unaussprechliche Gabe seines Sohnes wandte Gott sich seinen Geschöpfen zu, die fern von Ihm waren. Jesus Christus wurde Mensch und nahm so an der menschlichen Natur teil - ausgenommen die Sünde.

Auf diese göttlich grosse Weise hat Gott seine erstaunliche Zuneigung zu uns Menschen und sein wunderbares Interesse an uns zum Ausdruck gebracht. Er hat deutlich gemacht, dass Er sich nicht der Engel, sondern der Menschen annehmen wollte (Heb 2,16). Mit ihnen sollten seine ewigen Pläne und Vorsätze in Erfüllung gehen. In seinem Handeln mit den Menschen sollten seine Gnade und sein Wesen vor der ganzen Schöpfung offenbar werden.

Wunderbare Gnade und anbetungswürdige Wege Gottes. Dabei wir wollen nie vergessen, dass der Herr Jesus im Zentrum von allem steht. Er ist die Person, die immer und uneingeschränkt die Liebe und das Wohlgefallen Gottes auf sich zog. Damals lag Er in einer Krippe, aber bald wird Gott alle seine Pläne des Friedens für die Erlösten und für die Erde durch Jesus Christus zu seiner eigenen Verherrlichung ausführen. Die Grundlage dazu ist das Kreuz von Golgatha, wo Gott durch seinen geliebten Sohn ein für alle Mal unendlich verherrlicht worden ist.

Dass doch die wunderbare Person unseres Herrrn und Heilands auch unser ungeteiltes Interesse wecken möchte!

Urs Hänseler