In Sprachen reden und Kranke heilen? Heute noch?


Zeichen und Wunder im Licht der Bibel

Markus 16,15-20


Einleitung

Am Ende seines Evangeliums berichtet uns Markus, wie der Herr seinen Jüngern den Auftrag gab, das Evangelium in der ganzen Welt zu verkünden. Ausserdem gab Er ihnen die Verheissung, dass bestimmte Zeichen diese Verkündigung begleiten würden.

Dann wurde der Herr in den Himmel aufgenommen und setzte sich zur Rechten Gottes. Die Jünger gingen hin, um von der grossartigen Botschaft des Erlösers zu zeugen. Der Herr wirkte von seinem Platz der Verherrlichung mit und bestätigte die Verkündigung durch die angekündigten Zeichen (Mk 16,15-20; Apg 2,43; 4,29.30; 14,3)

Wir sind alle überzeugt, dass der Auftrag zur Verbreitung und Verkündigung des Evangeliums heute noch für uns alle seine Gültigkeit hat. Doch es stellt sich die Frage: Was ist mit den Zeichen, die damals das verkündete Wort bestätigten? Sollten sie heute auch noch ausgeübt werden? Oder waren sie nur für den Anfang gegeben?

Wir wollen uns im Folgenden mit dem speziellen Charakter dieser «Zeichengaben» und dann auch mit dem Charakter der «normalen Gaben» beschäftigen und versuchen einen grundsätzlichen Unterschied aufzuzeigen.


1) Der Zweck der angekündigten Zeichen

Wenn wir diese Zeichen untersuchen, die der Herr in Markus 16,17-18 ankündigte, erkennen wir, dass sie ein deutliches Zeugnis Gottes waren, um sein Wirken in Gnade zu bestätigen. Wir können drei Hauptstossrichtungen unterscheiden:

a) Die Macht des Teufels überwunden

Durch die Austreibung von Dämonen wird deutlich, dass die Macht des Feindes über den Menschen überwunden wird und Menschen seinem Machtbereich entrissen werden.

Der Herr Jesus selbst erklärt dies in Matthäus 12,22-30: Nachdem Er einen Menschen befreit hatte, der völlig unter der Macht von Dämonen war, sagten die Pharisäer: Durch den Fürsten der Dämonen treibt Er die Dämonen aus (Mk 3,22; Mt 12,29). Der Herr zeigte ihnen die Unlogik dieser Anschuldigung auf und machte dann anhand einer kleinen Illustration deutlich, was wirklich vorging: «Niemand aber kann in das Haus des Starken eindringen und seinen Hausrat rauben, wenn er nicht zuvor den Starken bindet, und dann wird er sein Haus berauben» (Mk 3,27). Der Herr Jesus ist dieser Stärkere, der in das Haus des Starken (des Teufels) eingedrungen ist und den Starken gebunden hat und begonnen seinen Hausrat (sündenversklavte Menschen) zu rauben (aus seiner Macht zu befreien) (Mt 12,29). Dieses Eindringen und Binden geschah, indem der Herr sich in der Wüste, als Er durch den Teufel versucht wurde, als der Stärkere erwies. Danach begann Er Menschen aus der Macht Satans zu befreien (Mk 1,23-28.34) und zwar einerseits indem Er Dämonen austrieb und alle heilte die zu ihm kamen und anderseits, indem Er das Evangelium des Reiches verkündete und den Glaubenden die Sünden vergab und Heil zusprach.

Schliesslich hat der Herr den Teufel am Kreuz von Golgatha zunichtegemacht (Heb 2,14). Seither ist der Teufel ein gerichteter und besiegter Feind, wenn er auch noch wirken kann in der jetzigen Zeit.

Schon bevor der Herr ans Kreuz ging, um das Erlösungswerk zu vollbringen, hat Er seine Jünger in dieser Aufgabe mit sich verbunden. Er sandte sie aus, um das Evangelium des Reiches zu verkünden, Dämonen auszutreiben und Kranke zu heilen (Mk 3,13-15; 6,7-13).

Wenn Er jetzt den Jüngern einen ganz ähnlichen Auftrag gab, wollen wir festhalten:

- Das Werk zur Rettung von verlorenen Menschen ist vollbracht. Unser Herr und Heiland ist am Kreuz stellvertretend für die Sünden der Glaubenden gestorben. Er hat Gott in Bezug auf die Sünde zufriedengestellt und unendlich verherrlicht. Er hat die Macht des Teufels besiegt. Die Grundlage zur Rettung der Menschen und zur Befreiung der Schöpfung ist gelegt.

- Während sich das Wirken des Herrn vor dem Kreuz hauptsächlich auf die Juden beschränkte, wendet sich die Botschaft der Gnade Gottes jetzt an die ganze (intelligente) Schöpfung, d.h. alle Menschen.

- Der Herr ist siegreich auferstanden und hat sich im Himmel zur Rechten Gottes gesetzt. Von diesem Platz der Ehre und der Macht wirkt Er jetzt weiter durch seine Jünger.


b) Gnade für alle Menschen

Das Reden in Fremdsprachen ohne sie gelernt zu haben bezeugt deutlich, dass Gott das Evangelium unterschiedslos an alle Menschen von allen Nationen richtet.

Die Juden beanspruchten jedes Handeln Gottes nur für sich, obwohl Gott schon in Jesaja 49,6 und anderen Stellen klar gemacht hatte, dass Er sich auch den Nationen zuwenden würde. Gerade durch das Reden in Fremdsprachen, die man nie gelernt hatte, machte Gott damals klar, dass das Evangelium der Gnade über die Grenzen Israels hinausging. Der Zeugnischarakter dieses Sprachen-Redens wurde schon in Jesaja 28,11 angekündigt. Gott würde zu seinem ungehorsamen Volk in fremden Sprachen reden.

Eindrücklich und beispielhaft sehen wir das in Apostelgeschichte 2. Am Pfingsttag verkündeten die Jünger in Jerusalem die grossen Taten Gottes in verschiedenen Sprachen. Somit konnten viele Juden, die in fremdsprachigen Ländern wohnten und wegen dem Pfingstfest (Fest der Wochen) in Jerusalem zu Besuch weilten, die Verkündigung der «grossen Taten Gottes» in ihrer jeweiligen Landessprache hören. Die Juden, die in Judäa oder Jerusalem wohnten, verstanden hingegen diese Fremdsprachen nicht und dachten darum, die Apostel würden unverständlich reden, weil sie betrunken waren. Darum erklärte Petrus den Juden aus Jerusalem dieses Zeichen des Sprachen-Redens und verkündete anschliessend das Evangelium. In dieser Ansprache redete er aber dann in jener Sprache, die sie verstanden, vermutlich hebräisch oder aramäisch.

Auch in Apostelgeschichte 10,44-46 ist das Reden in Sprachen der frisch bekehrten und mit dem Geist versiegelten Gläubigen aus den Nationen ein Zeichen, dass die Tür der Gnade auch für die Menschen aus den Nationen offen ist. Und zwar richtete es sich dieses Mal an die Adresse von den Glaubenden aus den Juden, die Petrus zu Kornelius begleiteten. Auch sie hatten grosse Mühe – wie Petrus – Gottes Wege der Gnade an alle Menschen anzuerkennen und zu verstehen.

In 1. Korinther 14,21 zitiert Paulus den angeführten Vers aus Jesaja 49 um die Korinther über die wirkliche Bedeutung des Redens in fremden, d.h. nicht gelernten Sprachen zu belehren. Nämlich nicht, um mit Anmassung in den Zusammenkünften der Gläubigen gebraucht zu werden, sondern als ein Zeichen für die Ungläubigen und zwar vor allem für die ungläubigen Juden, wie wir gesehen haben.

Im Weiteren weist Paulus in 1. Korinther 14,23 darauf hin, dass, wenn sie in (fremden) Sprachen redeten in den Zusammenkünfte und Unkundige, d.h. Ungläubige, die die Sprache nicht verstanden zuhörten, sagen würden, sie seien von Sinnen. Das war ja auch in Apostelgeschichte 2,13 der Fall.

Das macht über jeden Zweifel klar, dass die Ausübung des Redens in fremden Sprachen nur dann das göttliche Ziel erreichte, wenn von den Hörern das Gesagte verstanden wurde. Reden in Sprachen, ohne dass es verstanden wurde, war nie Gottes Absicht.

Wir halten folgende zwei Wahrheiten fest:

- Die Fähigkeit zum Reden in einer Fremdsprache, die man nie gelernt hat, gab Gott nicht für die Zusammenkünfte der Gläubigen, sondern um vor allem den ungläubigen Juden zu zeigen, dass Er jetzt eine neue Botschaft der Gnade hat, die allen Menschen gilt.

- Das Reden in Sprachen erfüllte nur dann diesen Gott gemässen Zweck eines Zeichen und Zeugnisses, wenn jemand da war, um zu verstehen, was gesagt wurde. Der Inhalt dessen, was gesagt wurde, stand dabei nicht so sehr im Vordergrund.

Wenn wir diese zwei Punkte verstanden haben, hilft uns das sehr in der Beurteilung dessen, was heute in Anmassung getan wird unter dem Titel in Sprachen (oder Zungen) reden. Es wird nämlich völlig klar, dass es nicht mit dem göttlichen Zweck, den wir gesehen haben, übereinstimmt. Kann es dann von Gott sein?


c) Der Tod und die Sünde überwunden

Die weiteren Zeichen (V. 18) zeigen, dass der Herr den Tod und die Sünde mit ihren Folgen überwunden hat. Die volle Erfüllung dieser Tatsachen werden wir im Himmel haben und in Bezug auf die Erde im zukünftigen Reich unseres Herrn über die ganze Schöpfung.


Zusammenfassung

Vor der Rückkehr des Herrn in den Himmel bekamen die Jünger den Auftrag, allen Menschen die freimachende Botschaft der Errettung zu verkünden. Damit werden Menschen aus dem Bereich Satans, des Todes und der Sünde in den Segensbereich Gottes gebracht.

- In dieser Anfangszeit bestätigte der Herr durch die Austreibung von Dämonen und das Heilen von Kranken die verkündete Botschaft der Rettung und Befreiung aus der Macht Satans und der Sünde.

- Gleichzeitig richtete Er durch das Reden in Sprachen ein deutliches Zeugnis vor allem an die Juden, dass sich diese Botschaft an alle Menschen richtet.

- Schliesslich wurden durch diese Wunder und Zeichen auch die Boten selbst göttlich legitimiert. Eindrücklich bestätigte der Herr durch die Wunderwerke und die Tatsache, dass sie in dieser Anfangszeit weder durch Schlangenbisse noch durch Trinken von Gift Schaden nehmen würden, dass die Apostel von Ihm gesandt waren und Seine Botschaft verkündeten.


2) Die Zeit der Ausübung dieser Zeichengaben

Die Verse in Hebräer 2,4 sind sehr wichtig zum richtigen Verständnis und zur richtigen zeitlichen Zuordnung dieser Zeichen.

Wir lernen aus Hebräer 2,3-4, wie das Evangelium verkündet wurde und Gott ausserdem mitzeugte, indem Er Zeichen und Wunder wirkte. Dieser Vers macht deutlich, dass das Wirken von Zeichen und Wunder immer die verkündete Botschaft und die Verkündiger als Gottes Zeugen bestätigte. Nie geschah es unabhängig davon. Das ist wahr, auch wenn das Wunderwirken nicht immer absolut zeitgleich mit der Verkündigung geschah (z.B. Apg 3). Viele Male in der Apostelgeschichte finden wir, wie Gott so seine Zeugen und die Botschaft bestätigte (Apg 2,43; 4,29-30; 8,6; 14,3; usw.).

Ausserdem fällt auf, dass der inspirierte Schreiber des Hebräer-Briefs hier in Vergangenheitsform schreibt: «mitzeugte». Offensichtlich war dieses «Mitzeugen» zur Zeit der Abfassung des Hebräer-Briefs (der auf jeden Fall vor der Zerstörung Jerusalems geschrieben wurde) schon eine vergangene Sache.

In 1. Korinther 13 finden wir diese Tatsache bestätigt im Blick auf das Reden in Sprachen. Dort vergleicht Paulus die Beständigkeit der Liebe mit dem Fortdauern des Sprachenredens, der Weissagung und der Erkenntnis. Dabei hält er fest, dass die Liebe niemals vergeht. In Bezug auf die Weissagung und die Erkenntnis sagt er: Sie werden weggetan werden. Das bedeutet: sie werden von einem Augenblick zum anderen nicht mehr da sein. Nun, es scheint klar dass dieser Augenblick die Entrückung ist, denn bis zu diesem Zeitpunkt brauchen wir die Weissagung, d.h. die Verkündigung von Gottes Wort aus der Gegenwart Gottes. Wenn der Herr uns in seine gesegnete Herrlichkeit geholt hat, benötigen wir den Dienst der Weissagung nicht mehr. Dann wird auch unser stückweises Erkennen, d.h. das Erfassen der biblischen Wahrheiten Stück um Stück, einem vollkommenen Erkennen Platz machen. Wir werden erkennen, wie Er uns erkannt hat, weil dann das Vollkommene gekommen sein wird.

Wenn es aber um das Ende des Sprachen-Redens geht, fällt uns auf, dass Paulus ein anderes Wort braucht. Er redet nicht von «weggetan werden» sondern von «aufhören» bzw. abklingen. Dadurch wird klar, dass Sprachen auf eine andere Weise zu Ende gehen als Weissagung.

Wieso haben die Zeichen des Sprachenredens aufgehört? Weil sie ihren Zweck der Bestätigung der neuen Botschaft erfüllt haben und sie nicht mehr gebraucht werden. Die Botschaft ist verkündet, nicht nur mündlich sondern auch schriftlich. Das Wort Gottes ist vollendet und unterliegt überhaupt keiner Änderung. Welchen Sinn würde es machen, etwas, was seit bald 2000 Jahren bestätigt ist und sich nicht mehr ändert, immer wieder neu zu bestätigen?

Auch die übrigen Wunderwerke haben in der Zeit der Apostel aufgehört und zwar aus denselben Gründen wie bei den Sprachen. Das letzte Mal wird das Reden in Sprachen in Apostelgeschichte 19,6 erwähnt. Nach Apostelgesichte 28,5-10 finden wir keinerlei Hinweise mehr von Wunderwirken in der Bibel.

Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, dass diese Wunder fast nie zugunsten von Glaubenden gewirkt wurden. Auch in Verbindung mit der ersten Versammlung, die durch Glaubende aus den Nationen gebildet wurde, nämlich Antiochien, lesen wir nichts von Wunderwerken (Apg 11,20-26).

Diese Zeichen und Wunder waren also für eine bestimmte Zeit gegeben, um die neue Botschaft, die sich unterschiedslos an alle Menschen richtet, zu bestätigen. Sie werden grundsätzlich nicht mehr gebraucht.


3) Der Charakter dieser Zeichen und Wunder

Teilweise wurde der Charakter dieser Zeichen und Wunder schon erwähnt. Trotzdem wollen wir nochmals anhand von Hebräer 2,4 und 6,5 einen besonderen Blick darauf werfen:

In Hebräer 6,5 werden sie «Wunderwerke des zukünftigen Zeitalters» genannt. Warum? Weil sie den Zustand vorwegnehmen, der im Tausendjährigen Reich bestehen wird.

- In dieser Zeit wird der Herr Jesus in Macht und Herrlichkeit regieren und Frieden und Segen auf der Erde schenken (Sach 6,12.13). Satan wird dann gebunden sein, so dass er und seine Dämonen nicht mehr wirken und die Menschen verführen können (Off 20,1-3). Diese totale Einschränkung seines Wirkens wurde durch die Austreibung der Dämonen vorweggenommen.

- Die Folgen der Sünde werden fast völlig weggetan sein. Die Schöpfung wird von der Knechtschaft des Verderbens befreit sein und ein unbeschreiblicher Segen wird auf der Erde sein (Jes 65,17-25). Menschen werden nicht mehr krank und werden auch nicht sterben. Prophetisch ist dieses Wirken des Messias und Königs in Psalm 103,3-5 angekündigt. Dieser Zustand wurde mit der Heilung von Kranken vorweggenommen. Es war ein deutliches Zeichen, dass der HERR (Jahwe) unter den Juden anwesend war und dann auch durch seine Jünger wirkte. Im Tausendjährigen Reich wird die Fülle dieses Zustandes in der ersten Schöpfung erreicht sein.

Es gibt allerdings Ausnahmen: Die Schlange bleibt im verfluchten Zustand und die Menschen werden durchaus noch als Sünder geboren und können noch sündigen und müssen sich daher bekehren. Wer offen gegen den Herrn rebelliert und sündigt, wird mit dem (leiblichen) Tod bestraft.


4) Der Unterschied zu den Gaben zur Auferbauung

Aufgrund der Stelle in Hebräer 5,6, wo diese Wunderwerke charakterisiert werden, können wir ohne Zweifel sagen, dass sie demzufolge kein eigentlicher christlicher Segen sind. Zweitens sind sie - das ist jetzt sehr wichtig zu erkennen – nicht zur geistlichen Auferbauung der einzelnen Gläubigen und des Leibes des Christus gegeben. Deshalb wendet sich Paulus so vehement gegen die Ausübung der Zeichengabe des in fremden Sprachen (oder Zungen) Redens im Zusammenkommen zur Wortverkündigung oder zum Gebet, ausser es sei einer da, um zu übersetzen (1. Kor 14). Aber welchen Sinn würde es gemacht haben, wenn in Korinth ein griechisch sprechender Bruder, statt auf Griechisch, auf Hebräisch einen Vortrag gehalten hätte und ihn jemand dabei auf griechisch hätte übersetzen müssen?

Haben wir diese zwei Punkt gut verstanden? Sie helfen zu verstehen, dass wir als Gläubige in der jetzigen Zeit überhaupt keinen Mangel haben, auch wenn Gott Zeichen und Wunder offensichtlich «nur» für den Anfang der christlichen Zeitepoche gegeben hat.


Gaben sind immer ein Ausdruck der Macht Gottes

Es ist offenbar, dass das Wirken von Zeichen und Wunder Gottes Macht demonstrierte. Aber nicht nur diese so genannten Zeichengaben sind ein Wirken der Macht Gottes, sondern jede Gnadengabe, die der verherrlichte Herr seinem Leib, der Versammlung gegeben hat, ist ein Ausdruck der Macht Gottes.

Wenn wir Epheser 4,7-16 lesen wird das klar. Zuerst macht Paulus klar, dass jeder gläubige Christ eine Gabe und damit eine Aufgabe hat zur Auferbauung des Leibes (V. 7.16). Bevor er dann ab Vers 11 auf Einzelheiten eingeht, zeigt er, auf welcher Grundlage und auf welchem Weg Christus seinem Leib Gaben gibt.

Am Kreuz von Golgatha hat Er das Gericht Gottes über die Sünde getragen und den Tod, den Lohn der Sünde erduldet. Gleichzeitig machte Er durch Seinen Kreuzestod den zunichte, der die Macht des Todes hat, das ist den Teufel. Durch dieses Herabsteigen in den Tod und das Grab und durch sein siegreiches Auferstehen und Hinaufsteigen in den Himmel hat Er das, was die Menschen gefangen hält grundsätzlich gefangen weggeführt. Dadurch wurde die Grundlage gelegt, um jetzt Menschen zu befreien. An diesem Platz der Erhöhung, an dem Er alles erfüllt (V. 10 und Kap. 1,22.23) hat Er als verherrlichter Mensch und Haupt über alles Gaben empfangen. Jetzt wirkt Er vom Himmel als Verherrlichter, indem Er den Glaubenden diese Gnadengaben gibt, um Menschen praktisch aus der Gefangenschaft herauszuführen und in den Bereich des göttlichen Segens zu bringen.

«Welch ein vollkommenes und herrliches Werk ist es doch, das der Herr für uns vollbracht hat und das durch die Mitteilung dieser Gaben so kostbar bezeugt wird! Als wir Sklaven Satans und folglich des Todes, sowie Sklaven der Sünde waren, hat es Christus wohlgefallen, zur Verherrlichung Gottes das Gericht zu erdulden, das über unserem Haupt schwebte. Er stieg hinab bis in den Tod, dessen Gewalt Satan hatte. Und so vollkommen war der Sieg des Menschen in Ihm, so völlig unsere Befreiung, dass Er (indem Er sich selbst als Mensch zur Rechten des Thrones Gottes erhoben hat – Er, der unter dem Tod gewesen ist) uns von dem Joche des Feindes frei gemacht hat und von dem Vorrecht Gebrauch macht, das seine Stellung und seine Herrlichkeit Ihm gibt, nämlich diejenigen, welche vorher gefangen waren, zu Gefässen Seiner Macht zu bilden, damit sie so auch zur Befreiung anderer dienen.» (J.N.Darby, Synopsis, Eph 4).

Das Evangelium wird verkündet, Menschen werden gerettet und dem Leib Christi hinzugefügt und erfahren geistliche Auferbauung und geistliches Wachstum.

Das alles ist also ein Wirken der Macht Gottes. Somit ist jede Gabe, die der verherrlichte Herr seinem Leib gibt, letztlich ein Ausdruck der Macht Gottes.


Unterschied zwischen Zeichen-Gaben und «normalen» Gaben

In Epheser 4 gibt uns Paulus grundsätzliche Belehrungen über die Gaben und die Auferbauung der Gläubigen und des Leibes des Christus. Es fällt nun auf, dass Paulus in diesem Kapitel die Gnadengaben, die Zeichen oder Wunder wirkten, nicht erwähnt. Das führt uns jetzt zu einer schriftgemässen Unterscheidung zwischen den «Zeichen»-Gaben und den «normalen» Gaben. Diese Unterscheidung ist eben nicht, dass die einen ein Ausdruck der Macht Gottes sind und die anderen nicht. Die Unterscheidung müssen wir nicht so sehr im sichtbaren Erweisen der Macht Gottes suchen, sondern im Ziel der Gabe.

Das Ziel und der Charakter der Wundergaben sind nicht die Auferbauung, sondern wie wir gesehen haben, die Bestätigung der Zeugen und der Botschaft als ein Wirken Gottes.

Das Ziel und der Charakter der «normalen» Gaben hingegen sind die Auferbauung der einzelnen Gläubigen und des Leibes des Christus.

Bei der Ausübung beider Gaben entfaltet sich Gottes Macht. Wenn wir uns das gut überlegen, sind die Gaben zur Auferbauung, wie sie uns in Epheser 4 gezeigt werden (und natürlich auch in 1. Korinther 12 und Römer 12) nämlich noch viel mehr eine Machtentfaltung Gottes. Denn durch das Wirken von Zeichen und Wundern wird kein Mensch gerettet oder geistlich auferbaut, aber durch die Verkündigung vom Evangelium werden Menschen errettet und dem Machtbereich Satans entrissen und in den Segensbereich Gottes gebracht.

Die Gaben zur Auferbauung sind sehr umfassend. Abgesehen von den grundlegenden Gaben der Apostel und Propheten (die es heute nicht mehr gibt) sind es Gaben, die das Evangelium zur Rettung der Verlorenen verkünden. Weiter umfasst es die Gaben zur Belehrung und Befestigung in der christlichen Wahrheit und Segen und Unterweisung um praktisch darin zu leben. Letztendlich hat jeder Glaubende eine Funktion am Leib zur Selbstauferbauung des Leibes in Liebe (Eph 4,16).

Obwohl Satan ein besiegter Feind ist, kann er noch wirken. Durch die Ausübung der Gaben werden Menschen dem Bereich Satans entrissen, diesem Bereich ferngehalten und in dem Segensbereich Gottes befestigt und auferbaut.


Welche Gaben brauchen wir?

Wenn wir uns also Gedanken machen über die Nützlichkeit der verschiedenen Arten von Gaben oder nach welchen wir dann verlangen sollen, dann hilft uns auch ein Blick in den 1. Korinther-Brief. Dort macht Paulus deutlich, welches die grösseren Gnadengaben sind und das sind eben nicht die Wundergaben (1. Kor 12,31), weil sie den entscheidenden Mangel haben, dass sie keine Erbauung bewirken in den Seelen. Auch wenn er in keiner Weise die freie Ausübung einer Gabe einschränkt, macht er doch klar, dass die Ausübung einer Gabe nur dann in der Versammlung Gott gemäss ist, wenn sie zur Erbauung dient.


5) Wirkt Gott heute noch Zeichen und Wunder?

Wirkt Gott nun nie mehr durch Wunder? Aus verschiedenen Missionsberichten, die durchaus glaubwürdig sind, wissen wir, dass Gott durchaus in speziellen Umständen Wunder wirkt, um seine Zeugen und seine Botschaft zu bestätigen.

Wenn nun Gott heute auf dem Missionsfeld ein Wunder wirkt, dann ist es aber nicht, weil der Missionar z.B. die Gabe der Krankenheilung hätte, sondern es ist Gottes souveränes Wirken. Dadurch kann Er auch heute noch die Arbeit eines Missionars bestätigen oder eine zuvor verschlossene Tür öffnen. Ein solches ausserordentliches Eingreifen Gottes ist immer mit grossen Übungen und viel Gebet seitens der Diener des Herrn verbunden.

Wir müssen also beachten, dass dieses Eingreifen Gottes nicht genau dasselbe ist, wie in der Anfangszeit. Heute mag Gott in einem Einzelfall als Antwort auf Gebete oder konkrete Notlagen ein Wunder wirken. Aber zu Beginn der christlichen Zeit gab Gott das Ausüben von Zeichen und Wunder als Gnadengaben, d.h. Gläubige bekamen die geistliche Befähigung und Macht diese Wunder zu wirken (1. Kor 12,9.10.29.30). Sie waren natürlich verpflichtet – wie wir alle auch – diese Gnadengaben nicht eigenwillig oder unabhängig auszuüben, sondern im Gehorsam zu Gott, dem sie verantwortlich waren.

Wenn wir diesen Unterschied zwischen einer Gnadengabe, die man unter Verantwortung vor dem Herrn ausübt, und dem freien souveränen Wirken Gottes verstehen, so haben wir keine Schwierigkeiten anzuerkennen, dass Er in Ausnahmefällen Wunder wirkt. Aber wir haben dann auch keine Schwierigkeit zu erkennen, dass so genannte Heilungsveranstaltungen, wo Leute um der Heilung willen (scheinbar oder auch wirklich) geheilt werden, nicht von Gott sind, sondern vom Teufel, der immer versucht alles Göttliche zum Schaden der Menschen nachzuahmen.

Ohne jeden Zweifel hat der Herr die Gnadengaben der Wunderkräfte ausschliesslich für die Anfangszeit gegeben. Heute gibt es sie nicht mehr!

Gott begegnet den Menschen in den so genannten christlichen Ländern, denen jahrhundertelang ein christliches Zeugnis verkündet wurde, nicht nochmals durch Wunderwerke, sondern erwartet schlichten Glauben an das Wort des Evangeliums.


Schluss

Wir wollen nicht Zeichen und Wunder suchen, wie die Juden es taten (Joh 4,48; 6,30). Wir wollen nicht denken, dass spektakuläre Machterweisungen grösser seien als die Machterweisung Gottes in der Ausübung der Gnadengabe zur Auferbauung. Wo immer das Evangelium verkündigt wird, das Wort zur Belehrung gepredigt wird oder Hirtendienste öffentlich oder im privaten Bereich getan werden, jedes erbauende Wort, womit wir einander auf dem Glaubensweg helfen (Eph 4,16.29) - immer ist es eine Machterweisung Gottes zur Rettung oder Auferbauung und immer hat das einen höheren Charakter als alle Wunderwirkungen, weil es zur Auferbauung ist (1. Kor 14,12).

Dem Herrn sei Preis und Ehre für das, was Er tut in Macht und Gnade zur Rettung Verlorener und zur Auferbauung Erlöster.


Urs Hänseler